Karel Havlíček Borovský

Er war ein Gründer des politischen Journalismus, Schriftsteller und Dichter, ein Denker des europäischen Typs, Vorkämpfer des politischen und wirtschaftlichen Liberalismus. Er beeinflusste durch sein dichterisches Schaffen beträchtlich die Entwicklung der tschechischen Satire. Er wurde dank seinem tapferen Kampf gegen den österreichischen Absolutismus und seinem tragischen Schicksal zum Symbol des Kampfes gegen Unterdrückung und für Treue zu den Idealen der Demokratie und der Freiheit.

Das Leben von KHB

Am 31. Oktober 1821 wurde es dem Kaufmann Matěj Havlíček in Borová bei Deutsch Brod und seiner Ehefrau Josefína Dvořáková, der Tochter eines Bierbrauers aus Horní Cerekev, ihr Sohn Karel geboren. „Ich bin tot zur Welt gekommen und man hat mich nur mit Gewalt ins Leben zurückgerufen,“ auf solche Weise erinnert sich der Journalist selbst an seine ersten Lebensmomente. Er war trübselig, grüblerisch, einsiedlerisch und eigensinnig. Dank dem Kaufmannstalent seines Vaters war Karel finanziell versorgt. Öfters gab es Konflikte zwischen ihm und seinen Eltern, aber er hing an dem hiesigen Vikar Jan Brůžek und am Lehrer Anton Línek, die somit seine Früherziehung sehr stark beeinflussten. Nach seinem Schulbesuch in Borová besuchte der achtjährige Havlíček einen Schuljahrgang die Schule in Iglau/Jihlava. Darauf überging er nach Deutsch Brod, wo er ein klassisches Gymnasium beginnend mit dem Schuljahr 1832-33 sechs Jahre besuchte. Es wurde durch seine Unterrichtsqualität weit und breit in der Umgebung berühmt. Havlíčeks Eltern zogen nach einem Jahr zu ihrem Sohn in ein Haus an der Ecke des Stadtplatzes um. Matěj Havlíček eröffnete hier einen Geschäftsladen. Sehr geehrte Besucher, Sie befinden sich jetzt in diesem Haus.

Karel Havlíček schloss sein Mittelschulstudium am Philosophischen Seminar in Prag im Jahr 1840 ab. Er wurde durch seinen Einzug in die Böhmens Hauptstadt, in der damals etwa 140 000 Einwohner lebten, beträchtlich beeinflusst. Hier sammelte sich eine Mehrheit von Angehörigen der nationalen Wiedergeburtsbewegung. Havlíček lernte bald einige Studenten, vor allem Wilhelm Gabler und Franz Jirgl kennen. Sie nahmen zusammen an einem damaligen Ritual sog. vaterländischer Taufe, wobei Havlíček seinen Namen Borovský entsprechend seinem Geburtsort erhalten hat, teil. Unter diesem Pseudonym trat er künftig in der Regel auf. Unter dem Einfluss der Prager Verhältnisse entschied sich Havlíček, die tschechische Sprache und die slawische Literatur intensiv selbst zu studieren. Die tschechische Gesellschaft interessierte sich damals für die Idee der slawischen Wechselbeziehung u.a. als Form der Verteidigung der böhmischen Kultur und der Sprache gegen den deutschen Einfluss. Havlíček wollte in dieser Hinsicht nicht im Rückstand sein. Er fand Südslawen als am meisten sympathisch und mit manchen von ihnen knüpfte er sehr enge Beziehungen an. Er schien, einen Sinn seines Lebens gefunden zu haben. Man veranstaltete mit Freunden Sitzungen, in denen man überhebliche Wiedergeburtspläne einwickelten. Er hatte vor, weiter im Priesterseminar zu studieren. Jedoch die Verhältnisse im Clementinum (Jesuitenkolleg in Prag, Bemerkung der Übersetzerin) und der Gesamtzustand und das Benehmen innerhalb der Kirche schreckten ihn nicht nur vom Studium ab, sondern auch sein christlicher Glauben dadurch erschüttert wurde. Er wurde vom Seminar ausgeschlossen, jedoch er verzichtete auf die Idee einen Einfluss auf Menschen auszuüben nicht. Freilich auch sein nachfolgendes Streben, Lehrer zu werden, ist gescheitert. Im Juni 1842 machte er sich zu Fuß auf den Weg, um die Welt kennenzulernen und er kam zu Fuß bis in Krakau, die Hohe Tatra oder in Liptovský Svatßý Mikuláš. Er bräuchte sich zu entspannen.

Nach seiner Rückkehr von seinen Reisen widmete er sich weiterhin seinem Selbststudium, bis er ins Auge von Pavel Josef Šafařík, einem Kurator in der Universitätsbibliothek gefallen hat. Im Oktober 1842 bot er ihm eine Beschäftigung bei einem seiner Freunde, einem Universitätsprofessor in Moskau an. Havlíček war begeistert und nahm dieses Angebot umgehend an. Das tschechische Volk hielt damals Russland für eine große Stütze, wenn nicht ausgesprochen seinen Führer, der es gegen sich in starker Position befindenden Deutsche und Ungarn, die zum Nachteil der slavischen Völker in der Habsburgermonarchie gelebt haben, schützen sollte. Es herrschte eine Befürchtung vor der deutschen Assimilation von Slawen und man glaubte daran, dass nur die Freundschaft mit anderen Slawen Tschechen beschützen und ihnen die Sicherheit bringen kann. Havlíček eilte deshalb, um das besungene Russland mit eigenen Augen zu sehen. Er ließ sich auch durch die Verzögerung bei der Erteilung der Genehmigung zur Ausreise nicht abschrecken. Dank dem lernte er mindestens die Familie von Karel Vladislav Zap in Lwiw kennen. Er langte in Moskau Anfang Februar 1843 an und war verblüfft. Erste Monate sah er das Zarenreich von Slawen in leuchtenden Farben, aber dann folgte eine Ernüchterung. Nachdem er Zeuge davon war, wie die Herrschaft mit ihren Untertanen wie mit Sklaven umgegangen war, dass die Kirche und Gesellschaftseliten heuchelten und oberflächlich waren, änderte sich rasant seine Ansicht von der Rettung seitens Russlands. Wenn ein russischer Herr seinen Untertanen im Elend leben lässt, wie würden Beziehungen zwischen dem Russland und den anderen slawischen Ländern aussehen? Schließlich kam es zu einem Zerwürfnis zwischen ihm und seinen russischen Brotgebern und Havlíček hat das Land im Juli 1844 verlassen. Er schrieb seine bei dieser Reise erworbenen Erfahrungen anschließend nieder und somit entstand das bis heute bekannte Werk Bilder aus Russland.

Nach seiner Rückkehr nach Böhmen erreichte ihn die Nachricht vom Tod seines Vaters. Er entschied sich, sich eine gewisse Zeit bei seiner Mutter in Deutsch Brod aufzuhalten. Seine fortdauernden vaterländischen Aktivitäten führten in dieser kleinen Provinzialstadt zur Gründung eines Liebhabertheater-Ensembles. Hier schloss er eine Bekanntschaft mit einer Tochter des hiesigen Stadtbürgers Fany Wiedenhöffer ab. Sie war seine erste ernsthafte Liebe. Um das Mädchen heiraten zu können, fuhr er im April 1845 nach Prag ab und begann sich durch die Arbeit als Journalist zu ernähren. Obwohl bot sich hier Havlíček bald ein Weg zur atemberaubenden Karriere an, ist aus der Hochzeit schließlich nichts geworden. Dank den Beiträgen in Zeitschriften fing er an, neue und wichtige Kontakte mit führenden Persönlichkeiten aus dem Kulturleben in Böhmen anzuknüpfen. Einen bedeutenden Meilenstand seines Lebens stellte seine scharfe Kritik an der Novelle von Josef Kajetán Tyl „Der letzte Tscheche“ dar. Hier brachte er erfolgreich zum ersten Mal seine meisterhaft feine Sprache und seinen Sinn für Ironie zur Geltung. Havlíček ermahnte das Volk, aufzuhören, über die Vaterlandsliebe zu reden und zu schreiben. Er forderte das Volk auf, anzufangen, patriotisch zu verhalten und zu handeln. Darüber hinaus war er imstande, der von Tyl zu erwartenden wütenden Reaktion Stirn perfekt zu bieten. Ein Großteil tschechischer Intelligenz an der Spitze mit Palacký hielt Havlíček für einen neuen Alliierten. Infolgedessen empfahlen František Palacký und Pavel Josef Šafařík Havlíček zum neuen Redakteur zu ernennen, als die Prager Zeitung von Karel Vilém Medau Ende des Jahres 1845 übernommen wurde. Karel Havlíček stand somit beginnend mit dem neuen Jahr 1846 an der Spitze der Zeitung. Bis dahin hat er daran überhaupt nicht gedacht, zum Journalisten zu werden. Man fing an, phänomenale Artikel herauszugeben. Er erklärte seine Gründe zur Ablehnung der Idee der slawischen Wechselbeziehung und im Gegenteil wies er auf eine Notwendigkeit hin, eine Föderation der Habsburgermonarchie zu errichten. Er betrachtete sie als Versöhnungsweg unter den im Rahmen der Föderation lebenden Völkern und dadurch als Sicherheitsgewährleistung vor Russen einerseits und vor Deutschen andererseits. Er machte auch auf eine Notwendigkeit aufmerksam, eine höhere technische tschechische Schule zu gründen, beschrieb eine Bedeutung von Gemeinden, benachrichtigte mittels Paraphrasen über Auslandsereignisse und vieles andere. Havlíček nahm somit an der Umwandlung der tschechischen Kulturbewegung zur politischen Bewegung teil. Dies alles geschah unter nicht geringer Aufmerksamkeit von österreichischen Behörden und der Polizei.

Je mehr sein Stern emporgestiegen war, desto mehr wurde er beliebt und einflussreich. Als das ursprüngliche Regime im Jahr 1848 gefallen war und Verhältnisse im Staat sich gelockert haben, verließ Havlíček die Redaktion der Prager Regierungszeitung und nahm die Arbeit in der Redaktion der neu errichteten Nationalzeitung (Národní noviny) auf. Sie war unabhängig und stand durchaus unter seiner Regie. Was sein persönliches Leben betraf, heiratete Havlíček in demselben Jahr Julie Sýkorová, eine Tochter eines herrschaftlichen Försters aus Proseč bei Pelhřimov. Zusammen hatte man eine einzige Tochter Zdenka.

Ein Versprechen der Konstitution im Jahr 1848 hat nach Jahren der absolutistischen Regierung viele einschließlich Havlíček mit Begeisterung und Optimismus erfüllt. Jedoch ein überlanges Ausmachen von Angeordneten in verfassungsgebender Versammlung, unterdrückte Revolutionsunruhen in Prag und Wien halfen nur den Reaktionskräften, sich zu formen. Diese Kräfte fanden eine Stütze in der Person des blutjungen Kaisers Franz Joseph I., der den Thron nach der Abdankung von Ferdinand I. am 2. Dezember 1848 bestieg. Ein stärkender und allmählich sich durchsetzender Widerstand der Regierung gegen Konstitutionstendenzen in der Monarchie erreichte seinen Höhepunkt durch den Erlass der eigenen oktroyierten Verfassung am 4. März 1849 und das Auseinanderjagen der verfassungsgebenden Versammlung drei Tage später. Die Anfangsbegeisterung des Volkes wurde durch Enttäuschung und Apathie ersetzt. Havlíček machte als einer von wenigen auf die wachsende Macht der Reaktionskräfte und eine allmähliche neuerliche Beeinträchtigung von erst vor Kurzem gewonnenen Freiheiten aufmerksam. Man ging mit ihm ins Gericht und obwohl er von der Klage freigesprochen wurde, wurde es ihm amtlich angeordnet, die Herausgabe der Nationalzeitung (Národní noviny) im Januar 1850 einzustellen.

Havlíček lehnte ab, auf die Veröffentlichungstätigkeit zu verzichten, obwohl er nach einem allmählichen Verstummen der tschechischen Intelligenz einschließlich Palacký im Kampf gegen das damalige Regime ganz allein geblieben ist. Er fand eine Stütze bei einem Buchdrucker František Procházka in Kuttenberg (Kutná Hora), der als einer von wenigen Buchdruckern im Land keine Angst hatte, Werke von unerwünschtem Havlíček herauszugeben. Somit wurde die erste Zeitschrift-Nummer „Der Slawe, die Zeitschrift, die sich politischen und überhaupt öffentlichen slawischen besonders dann tschechischen Angelegenheiten widmet“ (Slovan, časopis věnovaný politickým a vůbec veřejným záležitostem slovanským, zvláště českým) im Mai 1850 herausgegeben. Die Zeitschrift erschien über ein Jahr und wird für einen Höhepunkt des Havlíčeks Schaffens als Journalist gehalten. Schließlich hat Havlíček selbst die Herausgabe der Zeitschrift Der Slawe im August 1851 unter Anwendung von starkem Zwang seitens der Behörde eingestellt und damit gleichzeitig trat vorübergehend ein Schluss mit der unabhängigen Presse im Land ein.

Der nachfolgende Zentralismus und die absolutistische Regierung wurden von Havlíček in seiner Zeitschrift Der Slawe gegeißelt. Havlíček bewegte sich vollkommen in den Gesetzgrenzen und auch die beim Gericht in Kutteberg (Kutná Hora) erhobene und von den höchsten politischen Kreisen genehmigte Klage ist im November 1851 schief gegangen. Im Gegenteil hat sich die Regierung eine Blamage geholt. Es ist ihr zwar gelungen, durch ein maßgeschnittenes Gesetz die Herausgabe der Zeitschrift Der Slawe einzustellen, aber schon die Havlíčeks Anwesenheit stellte ein Problem dar. Es wurde somit daher mit Zustimmung des Kaisers Franz Joseph I. selbst eine Entscheidung getroffen, Havlíček nach Brixen in Tirol zu deportieren. Dazu kam es Mitte Dezember 1851. Havlíček zog mit seiner Familie nach der Einstellung der Redaktionsarbeit an der Zeitschrift Der Slawe aus Kuttenberg (Kutná Hora) zu seiner Mutter in dieses Haus nach Deutsch Brod um. In der Nacht wurde er von Gendarmen wach gemacht und angewiesen, seine Sachen zusammen zu packen und in die bereitgestellte Kutsche einzusteigen. Am Anfang hatte er keine Ahnung, was folgen wird. Er wusste nicht, ob er ins Gefängnis oder über die Grenzen hinaus abtransportieren wird. Nach etwa zwei Reisetagen erfuhr er, dass er nach Brixen, in eine katholische deutsche Kleinstadt in den Alpen auf dem Gebiet des heutigen Italiens, deportiert wird. Havlíček verbrachte hier dreieinhalb Jahre und obwohl er von seiner Familie und seinen Verwandten besucht werden durfte und ihm erlaubt wurde, Briefe an seine Freunde nach Böhmen zu senden und sich in der Stadt und der nächsten Umgebung frei zu bewegen, war er vom Geschehen in den Böhmischen Ländern völlig isoliert ohne irgendwelche Möglichkeit, die dortige Entwicklung der Sachen zu beeinflussen. Paradoxerweise trotz der großen Havlíčeks Beliebtheit in seiner Heimat widersetzte sich niemand in beträchtlicher Weise gegen seinen Abtransport. Der Kaiser und seine Regierung gaben ein paar Tage später am 31. Dezember 1851 durch das Schreiben, sog. „Silvester-Patente“ die Aufhebung der bestehenden Verfassung öffentlich bekannt und trotz manchen Rechtsfreiheiten setzte sich der Prozess einer absolutistischen Reorganisation des Staates Anfang des Jahres 1852 de facto endgültig durch und überdauerte nächste acht Jahre. Der Aufenthalt in Brixen stellt für Karel Havlíček ein Leiden dar. Eine absolute Unmöglichkeit was immer zu beeinflussen, gleich wie zu handeln und an den großen Sachen teilzunehmen, dies alles nagte sehr an dem aktiven Havlíček. Seine Tätigkeiten wurden auf Spaziergänge, Gespräche mit ein paar Einzelpersonen, Schreiben von Briefen nach Hause und vor allem Verfassen seiner berühmten Satiren – Tiroler Elegien, Die Taufe des Heiligen Vladimir und Der König Lávra beschränkt. Die Regierung hat ihn absichtlich in Brixen aus Furcht vor dem kommenden Krimkriegs aufgehalten und Havlíček selbst dachte über die Emigration öfters nach. Sein Aufenthalt war trotzdem in einer Sache vorteilhaft – die gesunde Bergumgebung unterdrückte Symptome von Tuberkulose, mit der er sich von seiner Ehefrau ansteckte. Die Behörden genehmigten Havlíček, erst im Mai 1855 unter der Bedingung, dass er auf seine Veröffentlichungstätigkeit verzichtet, heimzukehren. Havlíček war damit einverstanden. Er zählte darauf, in der Dachdeckerfirma seines Schwagers in der Zukunft beschäftigt zu werden. Er hat alles im Grunde geplant und umso mehr wurde er durch die Nachricht, die ihn nicht weit von Deutsch Brod erreichte, schockiert. Seine Ehefrau war drei Wochen tot. Sie ist an der Lungenschwindsucht d.h. an den Folgen der Tuberkulose im Alter von 30 Jahren gestorben. Die Welt stürzte Havlíček durchaus zusammen. Darüber hinaus stellte er fest, nach wie vor – so wie es in Brixen war – bewacht und beschränkt zu werden. Um aus Deutsch Brod auszureisen, benötigte er immer eine Erlaubnis. Er konnte nicht anfangen, in Prag zu arbeiten und seine Tochter Zdenka bevorzugte sich somit bei ihren Verwandten aufzuhalten. Havlíček blieb deshalb einzelstehend. Er kehrte in eine ganz andere Atmosphäre, als die er Ende der 40er Jahre zu bilden half, zurück. Das Regime hat seine Macht gestärkt und ehemalige tschechische Patrioten zogen sich aus dem politischen Leben zurück. Havlíčeks Bekannte und Freunde hatten Angst vor ihm, um sich durch den Kontakt mit ihm nicht zu kompromittieren. Nachdem es Havlíček erfahren hat, war er vielleicht froh, dass er auf seine journalistischen Aktivitäten verzichtet hat, da es offensichtlich keinen gab, an den er seine Artikel adressieren konnte. Behörden und die Polizei misstrauten ihm jedoch, bewachten ihn ununterbrochen und zögerten ihm seinen plötzlichen Abtransport im Mai 1856 nach Prag und anschließend in den Kurort Sternberg (Šternberk) zum Zweck der Heilung zu erlauben. Bei Havlíček brach nämlich seine Tuberkulose, die dank dem Aufenthalt in Brixen unterdrückt wurde, jedoch durch bedrückende Verhältnisse in Böhmen wieder in beschleunigter Weise im fortgeschrittenen Stadium voll aus. Das Havlíčeks Schicksal war besiegelt und somit brauchte die Regierung nicht mehr darüber den Kopf zu zerbrechen, wie mit ihm umgehen soll. Karel Havlíček ist am 29. Juli 1856 im Alter von nur 35 Jahren gestorben und ist auf dem Friedhof Olšany in Prag bestattet. Sein anschließendes Begräbnis, bei dem ihn alle seinen Bekannten, Freunde und Bewunderer – ein wenig zu spät – begleiteten, wurde zu einer von wenigen Manifestationen gegen das damalige Regime und eben hier fing der künftige Havlíček-Mythus an, zu entstehen.

 

Die Beschreibung der Havlíčeks Zeitungen

Karel Havlíček wurde zum Redakteur der Prager Zeitung auf Empfehlung von František Palacký und Pavel Josef Šafařík. Die erste Zeitungsnummer aus seiner Feder ist am 1. Januar 1846 erschienen. Die Prager Zeitung war ein vierseitiges der Zensur unterliegendes Regierungsblatt mit Pflicht Kundmachungen und Verordnungen zu veröffentlichen. Im Übrigen war sie relativ unabhängig. Sie erschien zweimal pro Woche und wurde um eine Literaturbeilage Die tschechische Biene (Česká včela) ergänzt. Am Anfang hatte Havlíček ein paar Hunderte Abonnenten, aber nach dem Jahr 1847 stieg ihre Zahl auf 1500. Deshalb wurde ihm erlaubt, die Redaktion um drei andere Stellen zu erweitern. Neue Redakteure waren Václav Bolemír Nebeský, František Matouš Klácel und Jan Pravoslav Koubek. Der zuletzt genannte wurde gleichzeitig zum Zensor der Prager Zeitung anstatt von Šafařík. Havlíček bot in der Zeitung regelmäßige Rubriken in der Zeitung wie Heimangelegenheiten, Auslandsnachrichten, Gemischte Nachrichten usw. an. Als Informationsquellen dienten ihm entweder ein sorgfältig gestaltetes Netz von Landkorrespondenten und die Lektüre von anderen tschechischen, deutschen, polnischen oder südslawischen Zeitungen. Man hielt für den bekanntesten und bedeutendsten Artikel unter den Artikeln der Prager Zeitung „Die Notwendigkeit einer tschechischen Gewerbeschule“, in dem er das tschechische Schulwesen dazu auffordert, mit der Zeit Schritt zu halten und eine technische Schule mit tschechischem Unterricht zu gründen. Ferner sind folgende Artikel erwähnenswert: „Der Slawe und der Tscheche“, in dem Havlíček bisherige Versuche um ein panslawisches Volk und die Idealisierung des Russlands geißelt und an die Unterstützung des tschechischen Geistes appelliert, und „Daniel O’Connell“, in dem er zur Abwechslung die irische Nationalbewegung mit der tschechischen vergleicht und seine Sympathien für die gesetzliche Opposition ausdrückt. Endlich ist auch sein Artikel „Was ist eine Gemeinde?“ nennenswert, der einen Grundprinzip des Sinnes und der Funktionsfähigkeit der Gemeinde als Muster einer Demokratie von unten erklärt.

Nach der Auflockerung der Verhältnisse im Jahr 1848 begann man die Prager Zeitung zu unterdrücken und deshalb fing Havlíček an, seit dem 5. April 1848 sein eigenes Blatt unter dem Titel Die Nationalzeitung (Národní noviny) herauszugeben. Diese mutige Tat wäre nicht möglich ohne eine finanzielle Unterstützung seitens des Grafen Vojtěch Deym gewesen. Der Graf wurde anschließend zum Herausgeber der Zeitung, aber er ließ Havlíček ein ganz freies Tätigkeitsfeld. Die Nationalzeitung erschien seit dem 5. April 1848 bis 18. Januar 1850. Zuerst war sie erhältlich täglich außer montags und über mehrere Monate wurde ein Abendblatt als Beilblatt dazu herausgegeben. Es hat sich jedoch nicht so viel bewährt und verwandelte sich in eine standardmäßige Montagsblattnummer. Ein satirisches seit Januar 1849 erscheinendes Beiblatt zur Nationalzeitung mit dem Titel Der Druckfehlerteufel (Šotek), war sehr beliebt. Jedoch Havlíček war gezwungen, es nach drei Monaten vom Amts wegen einzustellen. Für das Beiblatt Der Druckfehlerteufel (Šotek) waren Karikaturen von Stanislav Pinkas typisch. Die Nationalzeitung wurde zur oppositionellen Presse und man übte hier Kritik an den Verfahren der Regierung bezüglich der Konstitution. Außer der mehrköpfigen Redaktion gab es viele Zeitungskorrespondenten einschließlich František Palacký, Václav Vladivoj Tomek, František August Brauner oder Ľudovít Štúr. Havlíčeks Artikel in der Nationalzeitung waren hochwertig, obwohl die Eile von Revolutionsjahren, Notwendigkeit einer raschen Reaktion, Stellungnahme der Redaktion ließen wenig Raum für größere Überlegungen. Havlíček wollte sachgemäß unterrichten, bilden und den zeitgemäßen Stimmungen von Massen nicht unterliegen. Er selbst schreibt „…man muss bekennen, dass unsere Nationalzeitung keinen Zweck hat, neue Ereignisse, Klatschereien und Gerüchte zu sammeln – wie es Friseure in der Regel tun. Unser Zweck ist erhabener – wir wollen belehren, den Weg zur Freiheit ebnen und sich für die Hebung des tschechischen Volkes einsetzen, …“ Abonnenten überschritten die Zahl von 1500, aber die Nationalzeitung wurde am 18. Januar 1850 auf Grund des Belagerungszustands in Prag und seiner Umgebung vom Amts wegen eingestellt. Der Belagerungszustand wurde erst im Jahr 1853 abberufen.

In Prag durfte Havlíček seine Zeitung nicht mehr herausgeben, und deshalb wurde seine Redaktion nach Kuttenberg (Kutná Hora), wo er einen bereitwilligen Buchdrucker und gleichzeitig vorteilhafte Bedingungen für den Vertrieb gefunden hat. Die von Havlíček geplante Zeitschrift Der Slawe (Slovan) sollte zuerst eine Vertretung für die eingestellte Nationalzeitung darstellen, aber im Finale wurde sie zu ihrem Ersatz. Sie erschien vom 8. 5. 1850 bis 14. 8. 1851 2x wöchentlich unter dem gesamten Namen „Der Slawe – die Zeitschrift widmet sich den politischen und überhaupt öffentlich-slawischen Gelegenheiten besonders den tschechischen“. Was die Logistik betraf, war es daran gar nicht zu denken. Man betrachtet das Blatt Der Slawe bis heute als Höhepunkt der Havlíčeks journalistischen Tätigkeit, wo sich die Ausgereiftheit seiner Person mit dem Raum, der Zeit und der Möglichkeit für Überlegungen und Kommentare wie es früher in der Pragerzeitung gab und mit einer düsteren Atmosphäre der damaligen Zeit trafen. Der Slawe blieb jedoch nach einer gewissen Zeit ein einziges tatsächlich unabhängiges Blatt in den Böhmischen Ländern und es wurde allmählich in Halič, Bukovina, Krakau, Prag und seiner Umgebung und im Ungarn verboten. Seit 1851 nahm der Druck von Behörden zu und Havlíček stellte endlich den Slawen selbst in Kenntnis dessen ein, dass ein neues und eigenwilliges Gesetz die Herausgabe der Zeitung sowieso verboten hätte. Er selbst äußerte sich dazu in der letzten Blattnummer des Slawen: „Doch sind wir nicht gesonnen, eine solche Freude jemandem anderen zu gönnen, das Blatt „Der Slawe“ zu verbieten: deshalb stellen wir selbst die Herausgabe „Des Slawen“ ein und diese Nummer möge die letzte Nummer des Blattes sein. Zweimal wurde „Die Nationalzeitung“ verboten, zum dritten Mal wird es ihnen nicht mehr ermöglicht und „Der Slawe“ soll frei von allen Verboten bleiben und er bevorzugt, als Freund des Rechtes der Willkür selbst aus dem Wege zu gehen!“

 

Das Leben von Zdenka Havlíčková

Zdenka Havlíčková war weder Schriftstellerin, noch Künstlerin oder eine Kämpferin für Frauenrechte, und trotzdem stellt sie im tschechischen Volk eine so bedeutende Persönlichkeit, wie nur wenige andere, dar. Es genügte, dass sie die Tochter von Karel Havlíček war und ein tragischer Tod von ihren Eltern die Tragik ihres eigenen Lebens bildete. So kann man mit Worten von Cyril Merhout das Schicksal von Zdenka Havlíčková in Kürze vorstellen. Sie war ein einziger Nachkomme von Karel Havlíček und seiner Ehefrau Julie. Sie ist am Tag vor Weihnachten im Jahr 1848 geboren und verlebte ihre Kindheit vor allem unter Obhut ihrer Mutter und ihrer Großmutter Josefína in Kuttenberg (Kutná Hora) und in Deutsch Brod. Als sie fast 3 Jahre alt war, wurde ihr Vater nach Brixen abtransportiert und in den Jahren 1855-1856 verlor sie nicht nur ihn, sondern auch ihre Mutter wegen der Tuberkulose. Ihr Onkel František Jaroš und seine Familie haben sich des Waisenkindes angenommen. Seine Verwandten liebten sie aufrichtig und gewährleisteten Zdenka die Bildung. Aufgelockerte Verhältnisse nach dem Jahr 1860 brachten eine riesige Bewunderung von Tschechen für das Vermächtnis des Havlíčeks-Märtyrtums mit. Es wurde nur taktvoll verschwiegen, dass auch das tschechische Volk an diesem Märtyrium wesentlich schuld war. Vielleicht bewirkte es eine Gestalt des schlechten Gewissens, dass sich die Öffentlichkeit begann, für das Schicksal von Zdenka Havlíčková zu interessieren. Sie sollte zu einem Symbol des Volks und seiner sittlichen Größe, einem Symbol des unsterblichen Andenkens von Karel Havlíček und seines Weiterlebens werden. Havlíček opferte sich für sein Volk und es sollte ihn jetzt bei der Erziehung des Waisenkindes vertreten. Es entstand eine pathetische Idee, vor allem seitens der Ehefrauen der führenden Vertreter des tschechischen politischen Lebens: das tschechische Volk soll um das Glück der Havlíčeks Tochter sorgen, da es seine Pflicht sei. Zdenka erhielt den Titel die Volkstochter und es wurde eine Lotterie für die Sicherstellung ihres Unterhalts und ihrer Mitgift veranstaltet. Sie hat im Endeffekt über 30 Tausend Gulden eingebracht und František Jaroš übte die Vormundschaft auch weiterhin aus. Der Havlíčeks Schwager verschuldete sich jedoch im Laufe der Zeit und viele fürchteten sich, dass er Zdenkas Geld zur Tilgung seiner Schulden verwendet. Deshalb wurde ein bekannter tschechischer Staatsmann František Brauner zu einem neuen Vormund bestellt. Er hat entschieden, dass sich Zdenka in einer Familie eines Universitätsbibliothekars Jan Hanuš aufenthalten soll. Hier war Zdenka jedoch nicht glücklich und deshalb nahm František Brauner sie nach drei Jahren nach Hause mit. Es ist zu erwähnen, dass ihr gegenseitiges Verhältnis auch nicht ganz ideal war. Brauner war eine gesellschaftlich angesehene Person mit autoritärem Verhalten und Zdenka war eine heranwachsende Frau, die nach ihrem Vater die Hartnäckigkeit sicher geerbt hat. Auch die Brauners Ehefrau Augusta war keine Stütze für Zdenka, und somit wurde ihr ein aufrichtiger Trost von einigen Gesellschafterinnen gespendet. Brauner selbst hielt für seine Pflicht, für achtzehnjährige Zdenka einen entsprechenden Ehemann zu finden. Inzwischen hat Quido Battaglia doch das Zdenkas Herz gewonnen. Jedoch die öffentliche Meinung der tschechischen Gesellschaft vertrug ein Verhältnis der Volkstochter mit einem österreichischen Soldaten, der darüber hinaus polnischer Herkunft war, nicht. Durch Prag begann man unwahre Gerüchte und Geschwätz über Zdenka zu verbreiten und diese Beziehung wurde gewaltsam abgeschlossen. Darauf widerstand Zdenka einer Brautwerbung seitens Wenzel des Grafen von Kaunitz. Schließlich wurde ein Grundbesitzer Antonín Svoboda für sie ausgewählt, aber es kam zu keiner Trauung mehr. Die Erkrankung ihrer Eltern begann sich zu äußern. Schließlich ist Zdenka Havlíčková am 20. September 1872 im Alter von nur 24 Jahren bei ihrer Großmuttern in Deutsch Brod gestorben. Nachdem Josefína Havlíčková ihren Ehemann, ihren Sohn und ihre Schwiegertochter beigesetzt hatte, hat jetzt auch ihre Enkelin bestatten müssen.

 

Die Entwicklung der Museumspräsentation von KHB

Erste Erwähnungen der Behümungen von Museen eine Karel Havlíček-Ausstellung zu veranstalten werden auf das Jahr 1906 datiert, als Vereine in Prag und in Pardubice versuchten, Ausstellungen im Rahmen des Jubiläums des Todestages von Havlíček zu organisieren. Die bedeutendste Initiative wird erst auf das Jahr 1909 datiert, als die Stadt Deutsch Brod vorhatte, zwei Zimmer in der Wohnung im Havlíček-Haus zeitgemäß einzurichten. Eins davon sollte auch dieses Erkerzimmer sein und man beabsichtigte, die Ausstellung durch eine pietätvolle Gestalt zu prägen, denn Havlíček bis jetzt primär als Märtyrer betrachtet wurde. Das Kuratorium des hiesigen Museums ergriff die Rolle eines Suchers und Aufbewahrers der Havlíčeks Gedenkgegenstände.

Man begann, seine persönlichen Gedenkgegenstände, Möbel, Themenveröffentlichungen und Havlíčeks-Plaketten und Medaillen zu sammeln, aber ein Geldmangel und der Beginn des Ersten Weltkrieges verschoben ihre Präsentation auf unbestimmte Zeit. Die Gründung der Ersten Republik brachte neue Bemühungen, doch auch andere Komplikationen mit. Das Museum im Havlíček-Haus wurde erst im Jahr 1925 errichtet. Sechs Jahre später wurde ein anderes Themenmuseum im Havlíček-Geburtshaus in der nicht weit gelegenen Gemeinde Borová eröffnet.

Die Jahre 1935 und 1936 stellten einen Höhepunkt der Museumspräsentation von Karel Havlíček dar, wenn zwei große Ausstellungen mit tausend Exponaten stattfanden. Die erste Ausstellung fand in Deutsch Brod statt und die andere verlief im Prager Lustschloss der Königin Anna öfters genannt Belvedere. Beide wurden unter der Schirmherrschaft des tschechoslowakischen Präsidenten veranstaltet und wurden massenhaft propagiert. Havlíček wurde als Nationalheld und Kämpfer, der sich durch seinen Einfluss, Wirkung und Ansichten für die Unabhängigkeit der Tschechoslowakischen Republik stark eingesetzt hat, vorgestellt.

Auch die Nachkriegsära verstärkte noch den Havlíčeks Ruhm. Die gesamtstaatliche Ausstellung im Jahr 1956 wurde dann im kleineren Rahmen auch ins Havlíček-Haus und auch in die Gemeinde Borová übertragen. Durch eine kommunistische Auslegung der Geschichte wurde Havlíček zum Ideal eine Volksjournalisten. Die hiesige Ausstellung wurde im Rahmen des nächsten Jubiläums im Jahr 1971 umgestaltet. Vorletzte Gestaltungen wurden im Havlíček-Haus im Jahr 1992 umgesetzt und der Fokus der Ausstellung lag primär auf die von Havlíček in der Region ausgeübten Tätigkeiten. Die heutige Ausstellung entstand im Jahr 2011 und bemüht sich außer der Vorstellung des Lebens von Havlíček auch Verwandlungen in der Auffassung seines Vermächtnisses im Laufe der Zeit zu zeigen.